Im Januar haben sich bundesweit über 30 interessierte Akteur*innen im kostenlosen Onlineforum von UN-KONVENTIONELL e.V. über Ansätze eines Schutzkonzeptes zum Thema Gewaltprävention im Außensetting informiert und mögliche Handlungsoptionen für betriebsintegrierte Arbeitsplätze diskutiert.
Gewalt hat vielfältige Formen, die überall auftreten können. Auch der Arbeitsplatz ist davon nicht befreit. Bundesweit werden mit Einführung des §37a SGB IX umfassende und wirksame Gewaltschutzstrategien und Präventionskonzepte für Menschen mit Behinderungen gefordert. Einrichtungen zur Teilhabe am Arbeitsleben haben eine besondere Verantwortung, ihren Mitarbeitenden mit Beeinträchtigung eine gewaltfreie Arbeits- und Teilhabeform zu ermöglichen. Daher müssen auch die betriebsintegrierten Arbeitsplätze im Fokus der Aufmerksamkeit stehen. Für betriebsintegrierte Arbeitsplätze ergibt sich ein großer Kreis an beteiligten Akteur*innen, die in der Gewaltschutzprävention bedacht werden sollten. Der Zuständigkeitsrahmen der WfbM erweitert sich auf den Einsatzort des Mitarbeitenden mit Beeinträchtigung im Kooperationsbetrieb und damit auf einen Bereich, auf den die WfbM nur bedingt oder teilweise Einfluss auf die Strukturen hat. Wie kann die WfbM für einen ausreichenden Schutz sorgen? Welchen Einfluss hat die WfbM auf den externen Arbeitgeber? Wie können alle Beteiligten sensibilisiert werden? – Fragen, die nicht mit Pauschallösungen beantwortet werden können, aber mit einer Vielzahl von Möglichkeiten.
Frau Kirchner vom Verein gegen sexuelle Gewalt an Mädchen und Frauen, Wildwasser Würzburg e.V., hat eine Einführung in die Erstellung eines Schutzkonzeptes gegeben und hat aufgezeigt, wie wichtig eine Auseinandersetzung auf verschiedenen Ebenen ist. So ist ein Leitbild und ein Verhaltenskodex, welches das Handeln der Fach- und Führungskräfte in einem professionellen grenzachtenden Umgang beschreibt, ein wichtiger Baustein in einem Schutzkonzept. Ebenso wichtig ist eine Risikoanalyse, die potenzielle Gefährdungen und Schwachstellen aufdeckt, um diese systematisch zu bearbeiten. Als dritter Baustein gilt die Partizipation und Stärkung aller Mitarbeitenden und Beschäftigten einer WfbM, um eine Kultur der Offenheit und des Vertrauens zu schaffen, die wesentlich zur Prävention von Gewalt beitragen kann.
Das Schutzkonzept sollte aber keinesfalls nur ein bestens ausgearbeitetes Schriftstück sein. Die eigentliche Prävention findet im Prozess durch die ständige Auseinandersetzung statt. Nur so kann eine Sensibilisierung und Haltungsentwicklung aller Beteiligten erreicht werden.
Die Sensibilisierung ist für die Jobcoaches besonders von Bedeutung, da sie den Blick auf die Beschäftigten und den Arbeitsplatz haben und bei ihnen alle Fäden zusammenlaufen. Für diese Verantwortung müssen sie durch eine gemeinsame Haltung und vereinbarte Handlungsoptionen gestärkt werden. Hier konnten die Diskussionsteilnehmer*innen von mehreren Ideen und Erfahrungen berichten:
• Verhaltenskodex für betriebsintegrierte Arbeitsplätze definieren: Haltung, Regeln, Grenzen, Was tun wir, wenn...?
• Das eigene Leitbild oder den Verhaltenskodex öffentlich machen und den Beschäftigten und Betrieben zur Verfügung stellen
• Vertragliche Vereinbarungen zum Gewaltschutz mit dem Betrieb treffen
• Gewaltschutz als Bestandteil in der Gefährdungsbeurteilung aufnehmen
• Strukturen der Betriebe erfragen: Hat der Betrieb eigene Präventionsansätze? Gibt es Ansprechpartner im Betrieb?
Diese Maßnahmen schaffen einen Rahmen für eine gemeinsame Haltung und ein systematisches Vorgehen, um präventiv zu handeln, Gefährdungen aufzudecken und vor Gewalt zu schützen.
Die Partizipation der Beschäftigten soll neben der Sensibilisierung ebenfalls aus der Diskussion hervorgehoben werden. Das Bewusstsein für die eigenen Grenzen ist Grundvoraussetzung, um diese selbst schützen zu können. Das Wissen über Gewalt, über Erlaubtes und Nicht-Erlaubtes hilft dabei Grenzen einzuordnen. Die Möglichkeiten eigene Grenzen zu äußern und diese selbst zu schützen bedarf also weiterer Aufmerksamkeit, um Beschäftigten das entsprechende Rüstzeug an die Hand zu geben. Auch dazu gab es vielfältige Ideen und Praxisbeispiele aus der Diskussionsrunde:
• Stärkung der Beschäftigten: Bildung und Qualifizierungsangebote, Selbstwert und Selbstbewusstsein stärken, Kurse zu Selbstbehauptung und Selbstverteidigung
• Infomaterial aushändigen: Informationen über Gewaltformen, Leitbild, Kontakte und Hilfsangebote
• Über Rechte und Pflichten informieren: eigene Grenzen benennen und andere Grenzen einhalten, Ansprechpartner, Beschwerdestelle
• Kultur der Offenheit: Gesprächskultur, Vertrauen schaffen, Themen ernst nehmen
Die beste Prävention ist, wenn alle für die eigenen Rechte einstehen können und die Grenzen anderer respektieren.
Es lohnt sich also das Thema Gewaltschutz im Außensetting auf die nächste Agenda zu nehmen und konkrete Maßnahmen zu vereinbaren. Es schafft Handlungssicherheit für alle Beteiligte!
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