Beispielhaft für eine solche aktivierende Öffentlichkeitsarbeit ist das Projekt integra MENSCH der Lebenshilfe Bamberg. Es spricht nicht nur die Unternehmen an, es macht seine Zielsetzung zur Angelegenheit der gesamten Region Bamberg.
Um in der Öffentlichkeit als professionell wahrgenommen zu werden, braucht ein Fachdienst ein professionelles Erscheinungsbild.
Dabei ließ sich Integra-Chef Kuno Eichner zunächst von der Marketingabteilung einer großen Bamberger Firma unterstützen. Der Fachdienst gab sich einen zugkräftigen Namen und fand mit „Bamberg bewegt“ einen richtungsweisenden Slogan mit Bezug zu Stadt und Region.
Die Betriebsgrafiker entwickelten ein spezielles Corporate Design: Grafische Lösungen für das Internet, für Broschüren, Roll-ups, Briefpapier, Visitenkarten etc. Später überarbeitete eine Werbeagentur noch einmal die ursprünglichen Vorgaben. Das Logo des Bamberger Reiters wurde durch eine Inklusionsgrafik ersetzt, weil der Reiter in den Augen der Landkreisbevölkerung zu sehr die Stadt in den Mittelpunkt stellte.
Als Zielgruppen definierte integra MENSCH die Meinungsführer der Region, die Multiplikatoren aus Industrie und Handel in einem weitergeknüpften Netzwerk und schließlich die Allgemeinheit, die über die Öffentlichkeitskampagne von den Absichten informiert werden sollte. Netzwerkbildung ist das zentrale Vorgehen des Fachdienstes.
Schritt für Schritt hat er dazu namhafte Persönlichkeiten der Stadt und des Landkreises gewonnen. Für potentielle Meinungsbildner gibt es keine vordefinierten Anforderungen oder Vorgaben. Sie erklären lediglich die Absicht, sich für das Anliegen einzusetzen. Die konkreten Aufgaben ergeben sich von Mal zu Mal aus den aktuellen Erfordernissen.
Die Rolle der Tageszeitung
Insbesondere in der Anfangszeit spielte die örtliche Tageszeitung, „Der Fränkische Tag“, eine wichtige Rolle. Es gelang, einen der Lokalredakteure für das Anliegen zu begeistern. Er fungierte als fester Ansprechpartner in der Redaktion und er berichtete mehrmals im Jahr über integra-Aktivitäten. Damit konnten die Leser die Entwicklung von integra MENSCH verfolgen und integra-Beschäftige kennenlernen. Die Berichterstattung folgte der Erkenntnis, dass sich soziale Themen am besten über Menschen und ihre Schicksale transportieren lassen.
Anhand von Beispielen wurde deutlich, welche positive Entwicklung Beschäftigte durchliefen und wie sich für ihre Probleme Lösungen finden ließen. Die Leser fanden einen positiven Bezug zum Thema Behinderung und ihre Bereitschaft stieg, sich selber zu engagieren.
integra nutzte aber auch die Chance, in den Mitteilungs- und Amtsblättern der Gemeinden über seine Erfolge zu berichten.
Die Plakatkampagne
Ein besondere Rolle bei der Aktivierung der Öffentlichkeit spielte eine von der Städtewerbung gesponserte Plakataktion mit 400 Großplakaten, bei der Bamberger Prominente gemeinsam mit integra-Beschäftigten für die integra-Idee warben und die Bamberg und seine Bevölkerung tatsächlich „bewegte“.
Gemeinsam mit Erzbischof Ludwig Schick, dem damaligen Landrat Dr. Günther Denzler und der jetzigen bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml hatte sich auch Oberbürgermeister Andreas Starke für diese Werbekampagne engagiert. „Ich habe das nicht als Person getan, sondern meine Funktion dafür zur Verfügung gestellt“, erläutert er sein Engagement. „Unsere Adressaten waren in erster Linie die Firmen, aber auch alle Bürger Bambergs im Sinne des Slogans Bamberg bewegt.“ Der Bürgermeister ist überzeugt, dass die Verwirklichung der integra-Idee für seine Stadt einen Standortvorteil bedeutet: „Die Integration behinderter Menschen festigt das soziale Leben der Stadt, und sie führt dazu, dass Bürger füreinander Verantwortung übernehmen. Damit signalisieren wir den Unternehmen: Unsere Stadt ist Vorreiter in sozialer Kompetenz, Bamberg steht für Vielfalt und lebt von der Vielfalt.“
Multiplikatoren und Netzwerke
Der Bürgermeister, der Erzbischof und der Landrat sind nicht nur Verbündete und Multiplikatoren, sie sind auch Arbeitgeber. Insbesondere Stadt und Bistum gehen bei der Schaffung von integra-Arbeitsplätzen mit gutem Beispiel voran. Sind es im Bistum vor allem Arbeitsplätze in Kindergärten und Altenheimen, nutzt die Stadt die städtischen Betriebe, um Arbeitsplätze zu schaffen. Die Behindertenbeauftragte Nicole Orf: „Begonnen haben wir mit Stellen im Garten- und Friedhofsamt, von denen eine positive Signalwirkung ausging. Dann machten wir weitere Nischenarbeitsplätze ausfindig.“
Auch die Unternehmer verschrieben sich zunehmend der integra-Kampagne. Sie bewiesen ihr soziales Engagement, was sich auch positiv auf das Unternehmensimage auswirkte. Anfangs initiierte integra MENSCH jährliche Netzwerktreffen in einem festlichen Rahmen, bei denen prominente Unterstützer zu Wort kamen. Firmenvertreter, Paten und integra-Mitarbeiter berichteten von ihrer Arbeit. Neben dem offiziellen Teil blieb Zeit für informelle Gespräche. Mittlerweile ist das integra-Netzwerk allerdings so vielfältig, dass diese zentralenTreffen von kleineren regionalen Treffen abgelöst werden mussten.
Ohnehin hat sich die Struktur von integra MENSCH im Laufe der Jahre stärker regionalisiert. Wichtige Ansprechpartner sind die kommunalen Bürgermeister und, wo sie vorhanden sind, die Behindertenbeauftragten. Im integra-Team übernehmen vom kommenden Jahr an die einzelnen Mitarbeiter jeweils die Zuständigkeit für zwei bis drei Gemeinden und fungieren als Ansprechpartner für berufliche und gesellschaftliche Eingliederung. Sie suchen Arbeitsplätze vor Ort, vermitteln aber auch, wenn dies gewünscht ist, in die Werkstatt. Auch die Integration außerhalb der Arbeit haben sie im Blick, weniger mit eigenen Angeboten als vielmehr über die Vermittlung von ehrenamtlichen Helfern und Unterstützern.
Die Öffentlichkeitskampagne und Netzwerkarbeit von integra MENSCH ist aufgegangen: Die Integration wird als gemeinsame Aufgabe der gesamten Region gesehen. Die Betriebe sind mittlerweile so stark involviert, dass der Fachdienst die vielen Angebote an Arbeitsplätzen kaum besetzen kann.
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